Die erste große Liebe und das erste Mal

Elternbrief

Vielleicht fiel ein Name in letzter Zeit besonders oft? Vielleicht gab es schon ein erstes Date? Vielleicht hat ER oder SIE schon bei Ihnen übernachtet? … alles Zeichen dafür, dass Ihr Kind sich erfolgreich mit der Entwicklungsaufgabe „Auseinandersetzen mit der eigenen Geschlechterrolle und der Sexualität“ beschäftigt.

Sorgen und Ängste

Für alle Eltern bringen die erste Beziehung oder Hinweise auf die ersten sexuellen Erfahrungen ihres Kindes besondere Gedanken und Sorgen mit sich: Ist mein Kind genügend aufgeklärt? Ist es nicht zu früh für eine feste Beziehung?

Eltern von Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen machen sich zusätzlich noch um andere Dinge Gedanken: Welche Besonderheiten der Erkrankung oder der Therapie müssen bei sexuellen Aktivitäten berücksichtigt werden? Schafft mein Kind es, von der Erkrankung zu erzählen oder wird sie verheimlicht?

Ihre Gefühle und Gedanken sind nachvollziehbar, Sie wollen Ihr Kind vor Enttäuschungen und gesundheitlichen Risiken schützen. Und gleichzeitig wird Ihnen bewusst, dass Ihr Kind jetzt wirklich erwachsen wird…

Sie haben als Eltern dabei auch eine Entwicklungsaufgabe vor sich: Sie lernen Ihr chronisch krankes Kind loszulassen – hinein in die Welt der Partnerschaft und Sexualität.

Was die Jugendlichen erleben

Die Gefühle fahren Achterbahn: Vom Verliebtsein, über die Unsicherheit bis zum Liebeskummer – und dann wieder von vorne. Und wenn man jemanden gefunden hat, mit dem es passen könnte, gibt es 1000 Ängste, warum es doch nicht klappen könnte. Jugendliche mit chronischer Krankheit sorgen sich vor allem um ihr Handicap.

Soll ich davon erzählen oder lieber nicht?

Mag sie/er mich noch, wenn sie/er von meiner Krankheit weiß? Will sie/er überhaupt mit mir zusammen sein, wenn ich nicht alles machen kann?

Darf ich die Pille nehmen oder gibt es dann Probleme mit meiner Krankheit?

Werde ich Kinder zeugen oder auf die Welt bringen können? Und wenn ja, haben die dann auch meine Krankheit?

Unsicherheiten gehören zur ersten Liebe und zum ersten Mal dazu – auch für gesunde Jugendliche.

Das erste Mal und die chronische Krankheit

Grundsätzlich gibt es keinen richtigen Zeitpunkt der Partnerin oder dem Partner von der eigenen Erkrankung zu erzählen. Sinnvoll ist es aber vor dem ersten Sex, um z.B. Besonderheiten zu klären. Ein gemeinsames Geheimnis kann die Beziehung auch stärken und es kann Spaß machen, sich auszutauschen und Alternativen zu finden.

Wirkliche Einschränkungen wegen einer chronischen Krankheit gibt es beim Sex kaum! Sex ist ähnlich zu bewerten wie Sport. Es kann also bei Asthma oder Mukoviszidose sinnvoll sein vorher präventiv ein Spray zu nehmen oder bei Diabetes den Blutzucker im Auge zu behalten. Vielleicht gibt es auch Besonderheiten bei der Verhütung.

Die konkreten Maßnahmen bespricht Ihr Kind am besten (alleine!) mit der Fachärztin oder dem Facharzt.

Und was können Sie als Eltern tun?

Machen Sie bitte keine Alleingänge, auch wenn es noch so gut gemeint ist: Die meisten Jugendlichen reagieren allergisch, wenn die Eltern die neue Partnerin oder den neuen Partner auf die Krankheit ansprechen oder um Mithilfe bei der Therapie bitten.

Trotz Aufklärung in den Medien und Sexualkunde in der Schule sind die Eltern wichtige Gesprächspartner. Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass es mit Ihnen über alles reden kann.

Bieten Sie einen Termin beim Frauenarzt oder die Inanspruchnahme der Jugenduntersuchung J1, bzw. J2 an.

Hören Sie offen zu und stellen Sie interessierte Fragen – ohne die heimliche Absicht, Ihr Kind zu beeinflussen oder aushorchen zu wollen.

Und schließlich… erinnern Sie sich, wie es Ihnen selber früher ergangen ist. Ihre erste große Liebe, der erste Liebeskummer, der erste Sex und das Verhalten Ihrer Eltern damals.

Vielleicht sehen Sie Ihr Kind dann in einem anderen Licht, vielleicht bedauern Sie es, aber vielleicht werden Sie auch ein bisschen wehmütig.

Zum Weiterlesen

Diese Elternbriefe könnten Sie auch interessieren

Tipps zu chronischer Krankheit und Schule

Wie einfach war doch die Grundschulzeit, als Ihr Kind es noch ganz normal fand, dass Sie als Eltern die Aufklärung und Information der Lehrer:innen und anderen Verantwortlichen über die chronische Erkrankung übernehmen… Jetzt wird Ihr Kind erwachsen und hat plötzlich eigene Vorstellungen davon, wem was (nicht) gesagt wird!

Digitale Medien

Eltern möchten so manches Mal den Umgang damit komplett verbieten. Aber ist das eine sinnvolle Lösung? Und gibt es wirklich nur Nachteile von Handy und PC?