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„Ohne meine Erkrankung hätte ich gerne im medizinischen Bereich gearbeitet”

Berufswahl

Interview mit Ena (21 Jahre), die seit ihrer Geburt Mukoviszidose hat – eine seltene Stoffwechselerkrankung.
Mukoviszidose

Mukoviszidose ist eine erbliche Stoffwechselerkrankung. Sie wird auch zystische Fibrose (CF) genannt. Ursache ist ein Fehler im Erbgut, infolgedessen in vielen Organen des Körpers die Körperflüssigkeiten zähflüssiger sind. Dies führt zu fortschreitenden Funktionsstörungen vor allem in den Atemwegen und im Verdauungssystem.

Viele Betroffene leiden unter ständigem Husten, Atemnot sowie unter häufig wiederkehrenden Infekten und Lungenentzündungen. Zudem ist die Fettverdauung beeinträchtigt. Die Folge sind Gedeihstörungen, Untergewicht und Verdauungsbeschwerden, auch ein Diabetes kann sich entwickeln.

Mukoviszidose ist bisher nicht heilbar. Nur mittels einer komplexen Therapie können die Symptome gelindert und der Krankheitsverlauf stabilisiert werden. Hierzu gehören u.a. Inhalationen, Atem- und Physiotherapie, Sport sowie die Einnahme von Verdauungsenzymen.

Durch neuartige Medikamente, die seit kurzem verfügbar sind, können bei vielen Betroffenen die Lebensqualität und die Lebenserwartung erheblich gesteigert werden.

Hi, ich heiße Ena. Ich lebe seit Kurzem in meiner eigenen schönen Wohnung im selben Ort wie meine Mama und mein Bruder. Meine Arbeitsstelle ist zwar eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt, aber mir war es wichtig, dicht an meiner Familie zu wohnen.

Ich habe seit der Geburt Mukoviszidose. Mit der Erkrankung komme ich gut zurecht, besonders seitdem ich letztes Jahr mit neuen Medikamenten begonnen habe.

Durch die Mukoviszidose hat man oft Atemprobleme. Wenn die Lunge nicht mehr gut arbeitet, ist man nicht so belastbar. Längere Laufstrecken oder körperlich anstrengendere Aufgaben sind manchmal schon schwierig.

Ich habe viel gehustet und war schon alleine deshalb sehr k.o. Auch meine Konzentration hat durch den starken Husten schnell nachgelassen. Hinzu kam der Schlafmangel, weil ich durch den Husten nicht gut schlafen konnte und manchmal sogar nachts Inhalieren musste. Alle 3-4 Monate musste ich zusätzlich Antibiotika nehmen. Durch die neuen Medikamente ist es deutlich besser.

Ohne Mukoviszidose hätte ich sehr gerne im sozialen oder medizinischen Bereich gearbeitet, als Krankenschwester oder im Labor. Dort ist aber durch die vielen Menschen das Risiko einer Ansteckung mit Krankheitskeimen für mich zu hoch. Ich stecke mich leider sehr schnell an, da mein Immunsystem schwach ist. Ich habe daher diese Berufe ausgeschlossen. Außerdem habe ich an die Zukunft gedacht und mich entschlossen, einen körperlich nicht so anstrengenden Beruf auszuüben, aufgrund der Mukoviszidose. 

Nach der 10. Klasse habe ich in einem großen Unternehmen eine Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement begonnen. Dort wurde ich direkt nach dem Ausbildungsende auch übernommen. Darüber habe ich mich sehr gefreut! Ich arbeite jetzt in der Abteilung Ausbildung. Das macht mir viel Spaß und ich komme gerne zur Arbeit. Mir gefällt, dass ich trotz der Arbeit im Büro oft mit anderen Menschen in Kontakt bin und sie bei Fragen oder Problemen unterstützen kann.

Meine Mama hat mich am meisten bei der Berufswahl unterstützt, da sie sich am besten in meine Situation hineinversetzen kann. Außerdem habe ich mit der Agentur für Arbeit einige Gespräche geführt. Aufgrund meiner Einschränkung haben sie mir auch zu einem Bürojob geraten.

Durch die Schwerbehinderung war es allerdings sehr schwer eine Ausbildungsstelle zu bekommen. Ich hatte viele Vorstellungsgespräche und Einstellungstests, danach kam immer eine Absage. Das war ziemlich niederschmetternd.

Ja, ich hatte in den Bewerbungsschreiben erwähnt, dass ich eine Erkrankung habe, sie sich aber nicht negativ auf den Beruf auswirkt. Welche Krankheit habe ich nicht dazugeschrieben, da es vermutlich noch mehr abgeschreckt hätte. Bloß bei einem Bewerbungsgespräch wurde ich darauf angesprochen.

Die Personalreferentin aus meiner jetzigen Firma kannte mich zuvor schon und wusste in etwa, was auf sie zukommt. Sie hat selbst in ihrer Familie einen Erkrankungsfall. Sie wollte mir deshalb die gleiche Chance wie den „gesunden Bewerbern“ geben.

In meiner Ausbildung hatte ich eine 38 Stunden Woche. In dieser Zeit war es für mich fast unmöglich, meine täglichen Therapien durchzuführen. Allein meine täglichen Atemtherapien benötigen 90 Minuten. Dazu kommt 1-2mal wöchentlich die Therapie bei meiner Therapeutin in der Praxis. 

Ich musste 1,5 Jahre auf die Physiotherapie in der Praxis verzichten, da es zeitlich nicht geklappt hat. Wenn ich nach der Arbeit Zuhause war, war es schon so spät, dass die Praxis nicht mehr aufhatte. In dieser Zeit habe ich versucht, die Therapie alleine Zuhause zu schaffen. Das war allerdings nur zum Teil möglich, da man für einige Übungen die Therapeutin braucht. Alleine geht es nicht.

Jetzt ist es für mich leichter, da ich in Teilzeit arbeite. Dadurch schaffe ich ohne Stress alle meine Therapien am Tag. Ich arbeite 25 Stunden pro Woche, von 7:00-12:00 Uhr. Zurzeit bin ich aufgrund von Corona auch oft im Homeoffice.

In meiner Ausbildungszeit war ich jedes Jahr für mehrere Wochen auf Reha. Meine Firma hat mich ohne Schwierigkeiten für diese Zeit freigestellt, dafür bin ich sehr dankbar. Die Firma hat das alles von sich aus gemacht. Es gab nie Probleme wegen meiner Fehlzeiten durch die Krankheit oder Reha.

Wenn es mir jetzt von der Lunge her nicht so gut geht, bin ich wirklich froh, dass ich keinen körperlich anstrengenden Beruf gewählt habe, da es sonst nicht schaffbar wäre.

Ich empfehle den Jugendlichen, etwas auf die zukünftige Perspektive zu schauen, also ,,Wie geht es mir jetzt? Und kann ich langfristig in dem gewünschten Beruf tätig sein?“

Man muss natürlich immer für sich selbst entscheiden, welchen Berufsweg man einschlägt, aber es wäre schade, wenn man die Ausbildung oder das Studium aufgrund der übermäßigen Belastung abbricht.

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